Windkraftanlagen gelten als Symbol der Energiewende – doch wie viel Strom liefern sie wirklich? Und was bedeutet es für Gemeinden wie Stockelsdorf, wenn weitere wetterabhängige Anlagen hinzukommen?
Weitere 110 KV Leitung geplant
Aktuell wird deutlich, dass nicht einmal die Netzkapazitäten für den Anschluss von Windkraftanlagen ausreichen. Die Schleswig-Holstein Netz AG plant eine zusätzliche 110 KV Leitung auf der Trasse der jetzigen 220 KV Leitung zu bauen, wie einer Information der Gemeinde und einem Artikel in den Lübecker Nachrichten zu entnehmen ist.
Rückblick auf das erste Halbjahr 2025: Weniger Strom trotz mehr Anlagen
Ein genauer Blick auf die Halbjahresbilanz 2025 zeigt: Mehr Anlagen bedeuten nicht automatisch mehr Strom. Im Gegenteil – trotz steigender Kapazitäten nahm die tatsächliche Stromerzeugung durch Windkraft ab. Zugleich steigen die Kosten für Netzstabilität und Umverteilung – mit Folgen für Bürger und Kommunen.
Wie Zahlen von BDEW und ZSW belegen, sank die wetterabhängige Stromproduktion im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 5,4 %. Besonders betroffen: Windkraft an Land und auf See.
- Wind Onshore: MINUS 18 %
- Wind Offshore: MINUS 17 %
- Gesamter wetterabhängiger Strom: von 149 auf 141 Mrd. kWh
Diese Entwicklung zeigt: Auch wenn Windkraftanlagen zugebaut werden – in windarmen Zeiten bringen sie kaum zusätzlichen Nutzen. Die Stromlücke musste durch konventionelle Kraftwerke geschlossen werden. Wie einem Artikel des Handelsblattes vom 09.05.2025 zu entnehmen ist plant Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert den schnellen Zubau von neuen Gaskraftwerken mit einer Kapazität von bis zu 20 Gigawatt in Deutschland.

Bild 1: Trotz Zubaus erzeugten Windkraftanlagen im Jahr 2025 weniger Strom als im Vorjahr. Nur konventionelle Energien legten zu.
Instabilität im Stromnetz: Windkraft braucht Backup
Wetterabhängige Energien liefern nicht kontinuierlich. Damit der Strombedarf dennoch jederzeit gedeckt werden kann, braucht das Netz flexible Backup-Kapazitäten – z.B. durch die bereits oben erwähnten Gaskraftwerke.
Hinzu kommt: Je mehr wetterabhängige Anlagen im System sind, desto häufiger muss das Netz aktiv geregelt werden – durch sogenannte Redispatch-Maßnahmen.
Diese Netzmanöver verursachen zunehmend hohe Kosten, die über Strompreise an die Verbraucher weitergereicht werden.
Ein weiterer kritischer Punkt: Abregelung von Windenergie
In Zeiten hoher Solarstromproduktion – etwa zur Mittagszeit bei klarem Himmel – kommt es häufig zu Netzüberlastungen. Das war auch explizit im ersten Halbjahr 2025 der Fall.
Um das Gleichgewicht zu wahren, werden Windkraftanlagen abgeschaltet, obwohl sie Strom liefern könnten.
Selbst die bis zu vier Giga Batteriespeicheranlagen, die derzeit auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen rund um das neue riesige Umspannwerk entstehen sollen, bringen hier keine wirkliche Entlastung, da sie Strom wohl nur für eine Pufferzeit von 1-2 Stunden speichern können.
Das Paradoxe daran: Betreiber der Windanlagen erhalten trotz Abregelung eine gesetzlich garantierte Vergütung. Diese „Phantomstrom“-Zahlungen summieren sich jährlich auf hunderte Millionen Euro – ohne dass ein zusätzlicher Nutzen entsteht.
Das heißt:
- Der Strom wird nicht gebraucht,
- die Anlage liefert nichts,
- aber bezahlt wird trotzdem – aus dem Netzbudget, also letztlich von allen Stromkunden.
Was bedeutet das konkret für Stockelsdorf?
Stockelsdorf diskutiert derzeit über neue Windprojekte. Dabei lohnt sich ein kritischer Blick auf die Systemwirkung solcher Vorhaben:
- Keine Erhöhung der Versorgungssicherheit, da neue Windräder in Flauten keine zusätzlichen kWh liefern.
- Höhere Belastung für das Stromnetz, das ohnehin durch bestehende wetterabhängige Einspeisungen überfordert ist.
- Mehr Systemkosten durch Redispatch und Vergütungen für Abregelungen, die über Netzentgelte auf die Allgemeinheit umgelegt werden.
- Zunehmende Intransparenz und Planungsunsicherheit, da Vergütungsmodelle keine direkte Leistungsgerechtigkeit abbilden.
Fazit: Energiepolitik mit Augenmaß – nicht mit Windradquote
Die Zahlen sprechen für sich: In einem ausgereizten Stromsystem bringt der reine Zubau wetterabhängiger Anlagen keinen Fortschritt – im Gegenteil, er erhöht Risiken, Kosten und technischen Aufwand.
Stockelsdorf sollte daher gut überlegen, ob zusätzliche Windkraftanlagen in der Gemeinde wirklich ein Beitrag zur Energiewende sind – oder eher ein Symbol für gut gemeinte, aber schlecht umgesetzte Energiepolitik.
Wie steht es mit den Bürgerbegehren?
In der Gemeinderatssitzung am 21.07.2025 hat der Gemeinderat die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses für das Windenergiegebiet zwischen Obernwohlde, Arfrade, Eckhorst und Krumbeck beschlossen. Somit ist ein Bürgerentscheid für diese Fläche nicht mehr notwendig.
Für das Windenergiegebiet zwischen Pohnsdorf, Curau, Dissau und Klein Parin steht noch die Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens aus. Die Anzahl der gesammelten Unterschriften ist in jedem Falle ausreichend.
Für die Prüfung der Zulässigkeit ist die Kommunalaufsicht des Kreises Ostholstein zuständig, diese hat aufgrund einer komplexen Fragestellung zur Begründung in der Zwischenzeit das Innenministerium und das Landesamt für Umweltschutz mit einbezogen.
In der gleichen Sitzung am 21.07.2025 hat der Gemeinderat in Abstimmung mit den Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens mögliche Termine für den Bürgerentscheid verabschiedet. Der frühestmögliche Termin ist der 12. Oktober.